Etzel Die Kavernenanlage in Etzel ist seit 51 Jahren eine bedeutende Energiedrehscheibe für Norddeutschland und inzwischen auch das gesamte Bundesgebiet, beziehungsweise die Nachbarstaaten. Gegründet, um Ölreserven vorzuhalten, ist die Speicherung von Energie noch immer eine wichtige Aufgabe und dieser Tage wieder hochaktuell.
Standort für die Bundesölreserve
Unter dem Eindruck des beginnenden Zusammenschlusses erdölexportierender Länder zur OPEC zu Beginn der 1960er Jahre, mit dem Ziel einer gemeinsamen Förderpolitik und der Stützung der Preise, wurde man sich in den Abnehmerländern der Abhängigkeit von diesem Energieträger bewusst. Bereits im Jahr 1965 erließ die Bundesregierung das „Gesetz über die Mindestvorratsmenge an Erdölerzeugnissen“, das die deutsche Mineralölwirtschaft verpflichtete, Reserven vorzuhalten. Später empfahl die OECD eine Aufstockung der Krisenbevorratung, diese führte 1970 zum Beschluss der Bundesregierung zu einer sogenannten „Bundesrohölreserve“. Die zu der Zeit in Bundesbesitz befindliche IVG in Bonn wurde mit der Realisierung einer zentralen Lagerung von zehn Millionen Tonnen Rohöl beauftragt.
Zur Realisierung des Projektes wurde in den 1970er Jahren nach gründlicher Sondierung des Untergrundes der Salzstock Etzel mit seiner pilzförmigen Struktur gewählt. Der hiesige Salzstock ist etwa zwölf Kilometer lang und fünf Kilometer breit und ragt von einer Tiefe von mehr als 4000 Metern bis auf 750 Meter an die Erdoberfläche heran. In Europa gibt es kaum vergleichbar günstige Voraussetzungen für den Bau von Kavernen.
Die Lage war auch in Bezug auf die Nähe zur Nordsee und der in 25 Kilometer Entfernung liegenden Niedersachsenbrücke in Wilhelmshaven ideal gewählt. Weiter südlich, an der Tankerlöschbrücke des einzigen Tiefwasserhafens Deutschlands landet das Öl per Tanker an. Hier wird Seewasser zum Ausspülen der Kavernen entnommen und Sole wieder in die Nordsee eingeleitet.
Geplant waren anfangs 33 Kavernen, der Solbeginn war nach vorbereitenden Infrastrukturarbeiten im Herbst 1973. Die Befüllung der Kavernen mit einem Hohlraumvolumen von 13 Millionen Kubikmeter war 1977 abgeschlossen. Da das eingelagerte Rohöl nur als Notfallreserve angesehen wurde, war im Bedarfsfall ein Betrieb mittels Verdrängung durch Seewasser vorgesehen. Bereits 1973 hatte sich die Richtigkeit der Entscheidung für eine strategische Ölreserve bestätigt. Als es infolge der Erhöhung der Rohölpreise zur ersten Ölkrise kam, kam es im Zusammenhang hiermit auch zur wirtschaftlichen Rezession und kurzzeitigen Sonntagsfahrverboten.
Auch bei den weiteren politischen Krisen in den nächsten Jahrzehnten im Nahen Osten und Naturkatastrophen in den Fördergebieten hätte die Rohölreserve in Etzel jeweils eine kontinuierliche Energieversorgung absichern können. Auch in 2022 ist die Sicherstellung von Versorgungssicherheit für Energierohstoffe wieder Thema.
Erste Gaskavernen in 1990er-Jahren
Seit den 1980er Jahren stieg der Erdgasverbrauch in Deutschland drastisch an, langfristige Lieferverträge zwischen Produzenten und deutschen Energieversorgungsunternehmen wurden geschlossen.
Um auch im Fall von Pipelineunterbrechungen Gas liefern zu können, sicherte sich der norwegische Öl- und Gasproduzent Statoil 1986 vertraglich Speicherhohlraum in Etzel. Hierzu wurden zunächst neun bestehende Kavernen zu Gaskavernen mit einem Arbeitsgasvolumen von mehr als 500 Millionen Kubikmeter umgerüstet.
Neben den bestehenden Betriebsanlagen des Rohölspeichers entstand bis 1993 eine Gasbetriebsanlage – das Etzel Gas-Lager (EGL) – die an das nordeuropäische Pipelinenetz eingebunden wurde. Die Betriebsführung obliegt dabei der STORAG ETZEL als technischem Dienstleister. Zwischen 1994 und 1998 wurde die Kavernenanlage um sechs Ölkavernen erweitert, da sich weitere westeuropäische Bevorratungsverbände in Etzel langfristig einmieteten. Seit 2004 wurden in Etzel erstmalig abgelenkte Bohrungen von einem zentralen Kavernenplatz niedergebracht – einem Prinzip, welches ab 2007 für die Erweiterung des Gaskavernenspeichers zur Regel werden sollte. Mit den neuen Kavernen verfügte der Speicher Etzel wieder annähernd über das anfangs festgelegte Ölbevorratungsvolumen.
Die vorhandene Infrastruktur und die technische Kompetenz am Standort kamen bei der Erweiterung des Speichers Etzel ab 2006 zum Tragen: Mehr als 30 Gaskavernen wurden über die nächsten Jahre im Nordfeld zugebaut, drei neue Gasbetriebsanlagen entstanden gleichzeitig im Südfeld. Dadurch entwickelte sich die Kavernenanlage inmitten der Energiedrehscheibe Norddeutschlands über den Rohölspeicher hinaus zu einem der größten Gasspeicherplätze der Welt.
Im Jahr 2022 bieten 75 Kavernen ein geometrisches Lagervolumen von rund 40 Millionen Kubikmetern für die sichere Speicherung von großen Mengen Öl und Gas. Damit hat sich die Kavernenanzahl seit den 70er Jahren mehr als verdoppelt. Insgesamt sind 99 Kavernen genehmigt.