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Lokal26.de Wilhelmshaven Südstadt

Interview: Motivation und der Umgang mit Fehlern

14.07.2022

Südstadt Der IT-Dienstleister VINTEGO unterstützt seit 15 Jahren andere Firmen und Unternehmen mit individuellen Soft- und Hardware-Lösungen. Dabei verfolgt Geschäftsführer Nils Borke auch firmenintern erfolgreich ungewöhnliche Ansätze und gibt seine Erfahrungen an andere Firmen weiter.

Fehler sind für ihn erst einmal nichts Tragisches. Schlimm werde es nur, wenn aus ihnen nicht gelernt wird. In den 15 Jahren, seitdem er den IT-Dienstleister gegründet hat, hat er selbst noch vieles gelernt. Vor allen Dingen, wie man die Leidenschaft im Beruf nutzen kann:

Nils, bei VINTEGO gibt es ein Thank-God-It’s-Friday-Meeting. Was hat es damit auf sich?

Nils Borke: Das ist ein Ereignis, das wir leider nur in unregelmäßigen Abständen feiern,weil wir auch vom Wetter abhängig sind. Wir setzen das an, um uns auch mal informell zu treffen und stellen dann freitags unseren firmeneigenen Grill an, trinken alkoholische und nicht-alkoholische Getränke und reden auch mal über nicht-firmentechnische Dinge. Wir versuchen damit, uns noch besser kennen zu lernen und das Vertrauen untereinander zu stärken. Obwohl das Meeting auf freiwilliger Basis stattfindet, ist die Teilnehmerzahl immer sehr hoch. Das ist für uns ein gutes Zeichen, dass unsere Unternehmenskulturgut funktioniert.

Die „New-Work“-Arbeitsweise findet sich deutschlandweit in immer mehr Firmen wieder. Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Nils Borke: Es ist halt so, dass New Work für uns ein vielschichtiger Ansatz ist. Zum einen leben wir es selbst, weil wir ganz klar sehen, dass ein klassisches Führungssystem heutzutage nicht mehr funktioniert. Der vom Misstrauen geprägte Ansatz, dass man seine Mitarbeiter sehen müsse, um zu wissen, dass sie auch arbeiten, ist überholt. Die Eigenmotivation ist dabei nach der Gallup-Studie sehr gering und führt auch zur Verringerung der Produktivität. Das ist halt erschreckend.Und dem wollen wir mit dem New Work- Ansatz entgegensteuern, in dem wir verantwortungsbewusste, motivierte Mitarbeiter beschäftigen, die selbstständig arbeiten und auch den Mut haben, eigene Entscheidungen zu treffen.

Wie kann das gelingen?

Nils Borke: Uns ist wichtig, dass die Mitarbeiter mit gutem Gefühl zur Arbeit kommen, den Stresslevel soweit es geht geringhalten oder dem zumindest entgegensteuern können. Zum anderen ist es auch so, dass wir als Treiber der digitalen Transformation die Tools zur Verfügung stellen, mit denen unsere Kunden ihre Organisationen flexibilisieren und unabhängig machen von einem festgelegten Arbeitsort bzw. einer Arbeitszeit. Für uns als Unternehmen im strukturschwächeren Raum bietet New Work den Vorteil, weil wir unseren Mitarbeitern nicht die entsprechenden Gehälter zahlen können wie in der Industrie oder die in anderen Regionen. Aus unseren Erfahrungen, die wir mit der innovativen Arbeitsweise von New Work gesammelt haben, haben wir so viel gelernt, dass wir unsere Erkenntnisse auch anderen Firmen zugänglich machen. Wir beraten mit unserer Tochterfirma LIBRA Consult andere Unternehmen und entwickeln mit ihnen individuelle New Work Systeme.

Bleibt der persönliche Kontakt durch die Digitalisierung auf der Strecke?

Nils Borke: Nichts ersetzt den persönlichen Kontakt. Aber die Pandemie hat gezeigt, dass wir auch remote zusammenarbeiten können. Da sind wir der Ansprechpartner, um die entsprechenden Technologien zur Verfügung zu stellen, um dieses Maß an persönlichem Kontakt ansatzweise über die Ferne herstellen zu können.

Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne. Wie geht ihr mit Fehlern um?

Nils Borke: Wer arbeitet macht auch Fehler. Das bleibt nicht aus. Aber darüber muss man reden, um eine gelebte Fehlerkultur zu entwickeln. Aus Studien wissen wir, dass bei den Unternehmen die Fehleranzahl viel höher ist, die sie auch dokumentieren, als bei denen, die es nicht tun. Diese Firmen lassen die Fehler unter den Tisch fallen und negieren sie einfach. Unternehmen mit einer Fehlerkultur schauen sich jeden Fehler genau an und lernen daraus. Das ist das Entscheidende.

Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr sind in der digitalen Arbeitswelt ein Hindernis. Wie bekommt man trotzdem bei den Mitarbeitern eine Work-LifeBalance hin?

Nils Borke: Es ist nicht ganz so einfach. Wir haben natürlich feste Geschäftszeiten, an denen wir unsere Erreichbarkeit garantieren, und auch unsere Kunden haben feste Bürozeiten, die wir beachten müssen. Daher warten wir die Systeme – wenn möglich – auch außerhalb der Bürozeiten. Wir pflegen ein weitestgehend offenes Arbeitszeitmodell, bei dem einige unserer Techniker eine komplett freie Zeiteinteilung haben. Diese Techniker kommen manchmal erst um 10 Uhr ins Büro oder arbeiten vom Homeoffice aus und gehen dann auch früher. Dafür klinken sie sich abends oder auch am Wochenende in die Systeme der Kunden ein, machen Wartungsarbeiten oder bearbeiten ihre Projekte. Gelegentlich müssen wir die Leute auch vor sich selbst schützen, weil sie oft zu viel machen. Das kommt leider auch vor. Wenn aber ein Mitarbeiter seine Arbeit immer schafft und alle Ziele erfüllt, dann kann er meinetwegen auch den 31. Tag Urlaub nehmen, solange es ins Team passt. Wir bieten den Mitarbeitern die größtmögliche Flexibilität. Einige möchten aber auch feste Arbeitszeiten haben, in denen sie von 8 bis 17 Uhr arbeiten. Das ist auch gut, denn dadurch haben wir eine gute Mischung bei uns.

Gab es in den 15 Jahren schon mal einen Moment, an dem du beruflich die Reißleine ziehen wolltest?

Nils Borke: Oft (lacht). Im Grunde bin ich ein recht ungeduldiger Mensch. Das beißt sich dann, wenn wir Veränderungen an unseren Strukturen und Prozessen planen und sich die Änderungen nicht gleich sofort einstellen bzw. nicht adhoc übernommen werden. Denn das Entscheidende ist, wenn man eine nachhaltige Änderung herbeiführen will, eine Menge Geduld. Das ist auch der Grund dafür, warum generell viele New Work Projekte scheitern. Aber ich arbeite an mir.

Warum hast du doch nicht die Reißleine gezogen?

Nils Borke: Ich habe gemerkt, dass wir an einer guten Sache arbeiten und ein gutes Unternehmen leiten, das sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Kunden geschätzt wird. Natürlich gibt es auch mal Tage, an denen der ein oder andere Mitarbeiter schon gestresst und nicht ganz so zufrieden ist wie sonst. Aber ich merke, dass dann unsere Unternehmenskultur stark dazu beiträgt, das wieder auszugleichen. Wenn der Mitarbeiter glücklich ist, ist er produktiv und der wirtschaftliche Erfolg ergibt sich daraus automatisch. Das habe ich aus solchen Situationen gelernt.

Wie lässt sich die Selbstermächtigung auf die tägliche Arbeit beziehen?

Nils Borke: Wenn ich als Unternehmer nicht die Mitarbeiter oder Kunden habe, die ich haben möchte, dann liegt es an mir und ich muss es ändern. So funktioniert das Prinzip, das ich auch an unsere Mitarbeiter weitergebe. So können wir auch Stressmomente überwinden. Es gibt Situationen, in denen ein Kunde uns erbost anruft, weil sein System nicht funktioniert. Das muss nicht unbedingt auf einem Fehler von uns beruhen, sondern kann auch an vielen anderen Umständen liegen, auf die wir gar keinen Einfluss haben. Hier greift Murphys Gesetz: Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen. Unsere Mitarbeiter wissen dann, dass der Kunde zwar sauer ist und schimpft, es aber nichts mit ihnen persönlich zu tun hat. Das ist für die individuelle Charakterbildung ganz wichtig, um solche Situationen auch aushalten zu können.

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